Literarische Quellen

Es gibt eine Quellengattung für vormetrische Maßstäbe, die leider zweitrangig ist, obwohl sie auf den ersten Blick die ideale Quellengattung zu sein scheint. Gemeint sind schriftliche Angaben zur Umrechnung von vormetrischen Längenmaßen in Meter. Hauptsächlich sind das ganz alte Lexika und dann Mathematik- und Physikbücher, schließlich noch Berichte von Forschungsreisenden und Missionaren in fremden Ländern.

In den Lexika findet sich überwiegend eine Umrechnung von anderen Fuß- oder Ellenmaßen in den Pied de Roi oder in den Rheinischen Fuß. Dabei sind stets vier zählende Stellen angegeben, was an sich ausreichend ist. Die Einschränkung der Verwendbarkeit ist durch zwei andere Umstände gegeben:

1. Die alten (antiken) Bezeichnungen der Maßeinheiten sind ganz überwiegend vergessen, weswegen gelegentlich verschiedene Maßeinheiten denselben Namen tragen oder, noch häufiger, dieselbe Maßeinheit ganz verschiedene Namen hat.

2. Mit den ab dem 16. Jhd. sich verbessernden technischen Möglichkeiten, eine Maßeinheit genau zu reproduzieren, kam es dazu, dass man nach den genauesten Mustern (Etalons) suchte und in Unkenntnis der Gaußverteilung glaubte, das jeweils längste Maß gleichen Namens sei das am treuesten überlieferte. So nahm man die Ausreißer nach oben und verschob in vielen Fällen den Mittelwert bis zu 0,3 % nach oben, was zunächst besonders den Pied de Roi betroffen hat, aber auch den Englischen Fuß, dessen Relation zum Pied de Roi schon früh festlag.

In den Physikbüchern aus der Zeit der Umstellung der vielen lokalen Maßeinheiten auf das Meter sind oft bis zu sechs Stellen genaue Umrechnungsfaktoren angegeben. Diese Bücher können aber nur Angaben für die alten Maßeinheiten liefern, die gerade im Umfeld des jeweiligen Autors greifbar waren. Um daraus auf die antiken Maße rückzuschließen, ist die Anhebung vieler Maßeinheiten vor ca. 300 Jahren zu berücksichtigen. (Rottländer: Der Schweizer Fuß und die Anhebung der Längenmaßeinheiten vor etwa 300 Jahren. In: Ordo et Mensura III, St. Katharinen 1995, 427-432)

Forschungsreisende und Missionare haben in der Regel keine mathematische Ausbildung gehabt. Das bringt es mit sich, dass deren Angaben häufig nur drei zählende Stellen haben, und das ist für metrologische Zwecke eine Stelle zu wenig, obwohl es ein mathematisches Verfahren gibt, das hier noch einiges bessert

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© R. C. A. Rottländer, r.c.a.rottlaender@netcologne.de

Stand Januar 2006